Glück ist eines der universellsten menschlichen Ziele. Schon seit Jahrtausenden beschäftigen sich die klügsten Köpfe der Philosophie, Psychologie und Forschung damit, was uns wirklich glücklich macht. Doch oft entwickeln wir unrealistische Erwartungen darüber, wie Glück funktioniert und was es ausmacht. Diese falschen Vorstellungen können uns paradoxerweise unglücklicher machen, weil sie uns daran hindern, echte Zufriedenheit zu finden.
Das Leben hat eine Art, uns diese Illusionen nach und nach zu nehmen – manchmal sanft, manchmal schmerzhaft. Erkennst du diese sieben Glücks-Mythen in deinem eigenen Denken wieder?
#1
Wenn ich diese eine Sache erreicht habe, bin ich glücklich
Der wahrscheinlich verbreitetste Glücks-Mythos überhaupt: die Vorstellung, dass ein bestimmtes Ziel – sei es der Traumjob, die perfekte Beziehung oder ein bestimmtes Einkommen – uns dauerhaft glücklich machen wird. Psycholog*innen nennen dieses Phänomen „hedonistische Anpassung“: Wir gewöhnen uns schneller an positive Veränderungen, als wir denken. Das neue Auto, die Beförderung oder der Umzug in die Traumwohnung bringen uns zwar kurzzeitig Freude, aber schon bald wird das neue Normal zu unserem Grundzustand.
Stattdessen liegt wahres Glück oft in der Wertschätzung des Weges und in kleinen, alltäglichen Momenten. Glück ist nicht das Ziel, sondern die Reise selbst. Menschen, die lernen, Dankbarkeit für das zu empfinden, was sie bereits haben, sind nachweislich zufriedener als jene, die ihr Glück an zukünftige Errungenschaften knüpfen.
#2
Glückliche Menschen sind immer positiv
Social Media verstärkt diese Illusion täglich: Wir sehen nur die Höhepunkte anderer und denken, dass wahres Glück bedeutet, ständig gut gelaunt zu sein. Doch echtes Wohlbefinden schließt auch schwierige Emotionen mit ein. Trauer, Ärger oder Frustration sind nicht das Gegenteil von Glück – sie sind Teil des menschlichen Erlebens.
Tatsächlich zeigen Studien zur emotionalen Intelligenz, dass Menschen, die ihre negativen Gefühle akzeptieren und gesund verarbeiten können, langfristig zufriedener sind. Das ständige Verdrängen unangenehmer Emotionen oder der Versuch, immer positiv zu sein, kann zu psychischem Stress und einem Gefühl der Entfremdung von sich selbst führen.
#3
Andere Menschen können mich glücklich machen
Besonders in Beziehungen entwickeln wir oft die Erwartung, dass unser*e Partner*in, unsere Freund*innen oder Familie uns glücklich machen sollten. Diese Illusion führt nicht nur zu Enttäuschungen, sondern auch zu einem Gefühl der Machtlosigkeit über das eigene Wohlbefinden.
Während zwischenmenschliche Beziehungen zweifellos wichtig für unser Glück sind, liegt die Grundlage für Zufriedenheit in uns selbst. Menschen, die ihre emotionalen Bedürfnisse erkennen und aktiv für ihr eigenes Wohlbefinden sorgen können, bauen gesündere Beziehungen auf und sind weniger anfällig für Enttäuschungen, wenn andere nicht ihren Erwartungen entsprechen.
#4
Glück ist ein Dauerzustand
Viele von uns glauben, dass wir irgendwann einen Punkt erreichen werden, an dem wir „angekommen“ sind und dauerhaft glücklich bleiben. Diese Vorstellung ignoriert die natürlichen Rhythmen des Lebens und der menschlichen Psyche. Glück ist vielmehr wie das Wetter – es gibt sonnige Tage, bewölkte Phasen und gelegentliche Stürme.
Die Akzeptanz dieser natürlichen Schwankungen kann paradoxerweise zu mehr Zufriedenheit führen. Wenn wir verstehen, dass schwierige Phasen vorübergehend sind und auch gute Zeiten nicht ewig andauern, können wir beide bewusster erleben und wertschätzen.
#5
Mehr ist immer besser
Unsere Konsumgesellschaft verkauft uns täglich die Illusion, dass mehr Besitz, mehr Erlebnisse oder mehr Erfolg automatisch zu mehr Glück führen. Doch ab einem bestimmten Punkt – Psycholog*innen sprechen vom „Sättigungspunkt“ – bringt uns mehr nicht mehr zusätzliche Zufriedenheit, sondern kann sogar Stress verursachen.
Menschen in skandinavischen Ländern, die regelmäßig als glücklichste der Welt gelten, leben oft nach dem Prinzip „Lagom“ (schwedisch für „genau richtig“) oder „Hygge“ (dänisch für gemütliche Zufriedenheit). Sie finden Glück in Einfachheit, Qualität statt Quantität und dem bewussten Genießen dessen, was sie haben.
Wann dieser Sättigungseffekt eintritt, ist allerdings umstritten. Zu Geld gibt es hier verschiedene Forschungen. Früher ging man von einer Schwelle von einem Einkommen von etwa 70.000 US-Dollar aus, ab der das Glück nicht mehr proportional zum Einkommen steigt. Neuste Forschungen sehen allerdings keine solche Schwelle.
Journaling kann helfen
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#6
Ich kann mein Glück vollständig kontrollieren
Auf der anderen Seite des Spektrums steht die Illusion, dass wir unser Glück zu 100 Prozent selbst in der Hand haben. Diese Vorstellung kann zu Selbstvorwürfen führen, wenn wir uns schlecht fühlen, und ignoriert externe Faktoren wie Gesundheit, gesellschaftliche Umstände oder unvorhersehbare Lebensereignisse.
Viele Glücksforschende gehen davon aus, dass unser Glückslevel in etwa zur Hälfte durch genetische Faktoren bestimmt wird, zu 10 Prozent durch äußere Umstände und zu etwa 40 Prozent durch unsere bewussten Aktivitäten und Denkweisen. Diese Glücksformel geht auf Untersuchungen der Psychologin Sonja Lyubomirsky zurück und wurde später von anderen Forschenden bestätigt. Das bedeutet: Wir haben durchaus Einfluss auf unser Wohlbefinden, aber nicht totale Kontrolle – und das ist auch okay.
#7
Es kommt auf die großen Dinge an
Eine der hartnäckigsten Illusionen ist der Glaube, dass nur große Ereignisse und Errungenschaften echtes Glück bringen können – die Hochzeit, der Lottogewinn, der Traumurlaub oder der große Karrieresprung. Dabei übersehen wir völlig, dass unser alltägliches Wohlbefinden hauptsächlich aus kleinen, unscheinbaren Momenten besteht.
Studien zur Positiven Psychologie zeigen, dass Menschen, die bewusst auf kleine Freuden achten – den ersten Kaffee am Morgen, ein Lächeln von einem Fremden, das warme Gefühl der Sonne auf der Haut – nachweislich glücklicher sind als jene, die nur auf große Highlights warten. Diese „Mikromomente“ des Glücks sind nicht nur häufiger verfügbar, sondern auch weniger anfällig für die hedonistische Anpassung. Ein freundliches Gespräch mit der Nachbarin kann uns genauso viel Freude schenken wie eine teure Anschaffung – und das jeden Tag aufs Neue.
Warum diese Erkenntnisse so wichtig sind...
Diese Glücks-Illusionen zu erkennen, ist der erste Schritt zu authentischer Zufriedenheit. Statt einem perfekten, unerreichbaren Glücksideal nachzujagen, können wir lernen, das Leben in seiner ganzen Bandbreite zu schätzen. Wahres Wohlbefinden entsteht oft in der Akzeptanz der Realität, in der Dankbarkeit für kleine Momente und in der Erkenntnis, dass Glück nicht das Ziel ist, sondern ein Begleiter auf unserem Lebensweg.
Nimm dir Zeit für Selbstreflexion: Welche dieser Illusionen erkennst du in deinem eigenen Denken wieder? Manchmal ist es befreiend zu erkennen, dass das Leben uns diese falschen Vorstellungen nimmt – denn dahinter wartet oft ein authentischeres, entspannteres Verständnis von dem, was wirklich zählt.